Der 23. Mai ist ein Feiertag besonderer Art.

Am 23. Mai vor 74 Jahren trat das Grundgesetz der Bundesrepublik in Kraft. Kein „runder“ Geburtstag und leider war in den vergangen Jahrzehnten dieser Geburtstag unserer Verfassung kaum einer Erwähnung wert, geschweige denn wurde er von den Bürgerinnen und Bürgern gefeiert. Unsere SPD feierte am selben Datum ihren 160. Geburtstag– am 23.Mai 1863 wurde die Partei in Leipzig gegründet. Aber selbst wir haben die zwischen den beiden Ereignissen bestehende Verbindung bisher nicht deutlich gewürdigt.

Dabei ist das Grundgesetz ohne die Geschichte der Sozialdemokratie und ihren Kampf für Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit nicht vorstellbar. Erfahrungen aus der 1848er Revolution, der Kampf gegen die soziale Ungerechtigkeit Mitte des 19. Jahrhunderts und das Parteiverbot durch die Sozialistengesetze Bismarcks führten nach dem 1. Weltkrieg mit SPD Handschrift zur Weimarer Verfassung, der freiheitlichsten Verfassung, die fatalerweise sogar ihre Feinde schützte. Die katastrophale Folge war das Nazi-Regime und die Katastrophe des 2. Weltkriegs.

Schon während dieser Zeit entwickelten Sozialdemokraten im Exil Entwürfe eines sozialen Rechtsstaates. Vieles im Grundgesetz trägt die sozialdemokratische Handschrift, besonders das Prinzip der „wehrhaften Demokratie“ (Art.20.4) war nach der Weimarer Erfahrung wichtig.

Die Präambel des GG und das Recht auf Kriegsdienstverweigerung (Art 4) gehen auf den Staatsrechtler Carlo Schmid zurück und Elisabeth Selbert setzte mit Art.3 die Gleichberechtigung von Mann und Frau durch.

Mit dem Grundgesetz sollten Demokratie, Menschenrechte und der soziale Bundesstaat verankert werden.

Es geht im Grundgesetz aber nicht nur um das deutsche Volk, sondern das Bekenntnis zu den Menschenrechten und deren Verankerung in Artikel 1-19 gilt für alle Menschen, die in Deutschland leben.

„Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, vom Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das deutsche Volk … diese Grundgesetz gegeben“.  (Präambel des GG)

Das Ziel eines vereinten Europas ist im GG verankert und steht für Sozialdemokraten grundsätzlich nicht zur Disposition, ebenso wenig wie alle anderen dort verankerten Grund- und Menschenrechte. Sozialdemokraten feiern in diesem Sinn gern den Doppelgeburtstag.

Edgar Kunzmann